Grundsätzlich handelt es sich bei einem Falltest um die einmalige, oder mehrfache stoßartige Belastung eines Gegenstandes, ausgelöst durch dessen Aufprall auf einer starren Oberfläche. Geprüft wird hierbei z.B. die Sicherheit gegenüber unsachgemäßem Handling (Herunterfallen), Missbrauch, mangelhafte Transportsicherung, aber auch zur Überprüfung der Sicherheit von Schutzausrüstung (Fahrradhelm, Motorradhelm, etc.) oder elektronischen Bauteilen. Die Ausrichtung des Gegenstandes gegenüber der Oberfläche sowie die anzusetzende Aufprallgeschwindigkeit richtet sich oft nach der Masse oder der Gefährdungskategorie des Gegenstandes und kann entweder aus einer anzuwendenden Norm entnommen, oder passend angenähert werden. Maßgebend ist üblicherweise die maximale Beschleunigungslast auf das zu untersuchende Bauteil, welche typischerweise ebenfalls von der Norm vorgegeben wird. Bei ganzen Baugruppen ist die maximal ertragbare Beschleunigung auch oft durch zuvor erfolgte Untersuchungen bereits bekannt (z.B. bei integrierten Schaltkreisen), so dass diese als Bemessungskriterium anzuwenden ist.
Die folgende Tabelle zeigt die gebräuchlichsten Normen für typische Anwendungsfälle, erhebt hierbei aber keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Für eine Falltestsimulation muss zunächst der zu untersuchende Gegenstand basierend auf CAD-Daten vernetzt werden. Dem Gegenstand oder den Bauteilen des Zusammenbaus werden dann elastisch-plastische Werkstoffgesetze zugewiesen. Anschließend erfolgt die Definition von Kontakten und Randbedingungen, wie Aufprallgeschwindigkeit und Aufprallwinkel sowie z.B. Vorspannungen innerhalb eines Zusammenbaus (z.B. für Schraub-, oder Clipverbindungen). Mit dem so erzeugten Modell wird dann typischerweise ein Zeitraum zwischen 1 ms und 100 ms simuliert, was auf mehreren parallelen Rechenkernen je nach Modellgröße einige Minuten bis Stunden in Anspruch nehmen kann. Im Anschluss daran können Beschleunigungen, Verschiebungen, plastische Dehnungen, Energien, Schnittkräfte, uvm. analysiert werden. Je nach Komplexität der zugewiesenen Werkstoffgesetze ist innerhalb einer solchen Simulation auch die Abbildung von Bauteilversagen möglich.
Die Simulation bietet Vorteile für die Entwicklung von Produkten, aber auch für die Analyse von erkannten Schwächen bereits hergestellter Produkte. Entwicklungsbegleitend sind zum Beispiel Variantenbetrachtungen meist einfach und schnell umsetzbar. Einflüsse von Geometrieänderungen oder geänderten Wandstärken oder Werkstoffen sind im FE-Modell hierdurch einfach zu bewerten und liefern auch an einem nicht validierten Modell durch eine sehr gute Vergleichbarkeit wertvolle Hinweise für die weitere Entwicklung. Darüber hinaus kann Simulation aber auch im Lebenszyklus eines Produktes noch ein wichtiges Werkzeug sein, wenn z.B. zuvor nicht erkannte Schwächen analysiert und mit möglichst geringem Aufwand beseitigt werden sollen.
Bei Zusammenbauten bietet die Simulation darüber hinaus den Vorteil, dass eine sehr genaue Untersuchung von Verformungskinematik und Stützeffekten möglich ist. Die bei der Simulation erzeugten Animationen lösen die gesamte kinematische Kette in vielen Zeitschritten auf und bieten durch Schnittansichten oftmals deutlich mehr Einsichten, als die rein äußerliche Betrachtung eines Falltestvideos.
Bei Falltestsimulationen handelt es sich aufgrund der unbedingt zu betrachtenden Trägheitseffekte üblicherweise um explizite Simulationen. Um eine effiziente Simulation zu ermöglichen ist hierbei die Beachtung einer bestimmten Mindestgröße der eingesetzten Elemente notwendig. Diese führt dazu, dass sehr kleine Geometriefeatures, wie z.B. Radien oder Freischnitte, oft nur stark vereinfacht abgebildet werden können. Um diese hinsichtlich der darin auftretenden Belastung bewerten zu können, können implizite Submodelle abgeleitet werden, denen dann Schnittkräfte, oder Randverschiebungen aus der expliziten Simulation aufgeprägt werden.
Wie eingangs erwähnt, kann in Normen auch der mehrfache Aufprall des Gegenstands in unterschiedlichen Ausrichtungen, oder auch in derselben Ausrichtung gefordert werden. Die Mitnahme von Vorverformungen, oder eine sukzessive Simulation mehrerer Lastfälle hintereinander ist zwar technisch möglich, aber oft nicht ganz unaufwändig und sollte daher hinsichtlich ihres Nutzens abgewogen werden.
Je nach eingesetzten Werkstoffen und gewünschten Ergebnisgrößen, kann der Aufwand für die Erzeugung der Werkstoffe sehr gering oder sehr hoch ausfallen. Die einfache Betrachtung von metallischen Werkstoffen, oder auch Kunststoffen ist häufig schon mit einer angenäherten Spannungs-Dehnungs-Kennlinie ausgehend von Literaturwerten möglich und vergleichsweise unaufwändig. Wenn die Abbildung von Werkstoffversagen gewünscht ist, müssen mehr Kennwerte zur Verfügung gestellt werden, oder mehr Annahmen getroffen werden. Diese wirken sich direkt auf die Validität der Simulationen aus und müssen gegebenenfalls durch die Validierung der Simulation basierend auf den Ergebnissen physischer Tests angepasst werden.
Insbesondere im Kunststoffbereich gibt es häufig Werkstoffe, deren Verhalten aufgrund der Beschaffenheit des Werkstoffes (z.B. langfaserverstärkte Kunststoffe) oder aufgrund der Fertigung (z.B. Spritzguss) von der Belastungsrichtung abhängt (sog. anisotropes Verhalten). Die Erfassung dieser anisotropen Effekte ist ebenfalls technisch möglich, jedoch meist mit sehr hohem Aufwand verbunden. Durch die Beteiligung von ihf an mehreren Forschungsprojekten auf diesem Gebiet können wir Ihnen auch hier beratend zur Seite stehen.
Oft steht auch das Verpackungsmaterial im Vordergrund. Wellpappe, ein klassisch eingesetzter und in vielen Varianten verfügbarer Werkstoff, besitzt dabei nicht nur anisotrope Eigenschaften, sondern darüber hinaus sind für die genaue Abbildung des Verformungsverhaltens von Wellpappe auch noch durch die Sandwich-Bauweise bedingte Effekte, wie innere Delamination, d.h. die Trennung der inneren Wellen von den äußeren Trägerschichten, zu betrachten. Auch hierfür bestehen technische Lösungen und Werkstoffmodelle, welche jedoch äußerst komplex zu befüllen sind. Oftmals bietet sich in solchen Fällen eine stark vereinfachte, konservative Betrachtung an, wenn zum Beispiel nur die Stoßwirkung auf ein Produkt, nicht aber die Deformation der Verpackung analysiert werden soll.
So vielfältig die Möglichkeiten der Simulation auch sind, selbst nach fast 30 Jahren Erfahrung bei ihf mit Falltestsimulationen sind und bleiben Tests ein wichtiges Mittel zur Validierung von Ergebnissen. Durch einen Test kann ein Modell validiert werden, was sich in den meisten Fällen direkt auf die Validität weiterer Variantenuntersuchungen übertragen lässt. Darüber hinaus kann zum Beispiel komplexes Werkstoffverhalten durch fehlende Werkstoffkennwerte oft nur angenähert berücksichtigt werden, so dass eine Validierung über das reale Werkstoffverhalten im Test empfehlenswert ist (reverse engineering). Im Rahmen einer Testvalidierung ist zwar nicht die vollständige Validierung eines Werkstoffmodells möglich, aber die Anpassung an die Erfordernisse des Falltests kann so durchaus erfolgreich durchgeführt werden.
Bei der Simulation von Falltests wird ein reales Modell basierend auf 3D-CAD Daten in ein FEM-Modell überführt. Basierend auf, oder angelehnt an eine Norm werden Aufprallposition und -geschwindigkeit festgelegt und mit diesen Randbedingungen wird der Aufprall auf eine (meist starre) Oberfläche simuliert.
Die Simulation von Falltests bietet dabei Vorteile in der Entwicklungsbegleitung, aber auch für die Analyse erst verzögert festgestellter Schwachstellen. Variantenbetrachtungen sind meist schnell und einfach umsetzbar und führen auch für nicht validierte Modelle durch einfache A-B Vergleiche oft schnell und unkompliziert zu wertvollen Hinweisen auf mögliche Verbesserungen. Darüber hinaus ist durch die bei der Simulation erzeugten Animationen und Schnittansichten eine sehr genaue Aufschlüsselung kinematischer Ketten und Stützeffekte möglich, welche eine rein äußerliche Betrachtung eines Falltestvideos oft nicht bietet.
Besondere Herausforderungen können insbesondere in Zusammenhang mit den verwendeten Werkstoffen und deren Eigenschaften entstehen (Werkstoffversagen, anisotrope Effekte, etc.). Durch unsere langjährige Erfahrung mit Falltestsimulationen steht Ihnen ihf hierbei jedoch mit zahlreichen technischen Lösungen zur Seite und kann beratend unterstützen. Oftmals reicht auch eine etwas geringere Modellkomplexität schon aus, um zahlreiche Problemstellungen zu untersuchen. Sprechen Sie uns gerne an!